Kann denn Rosa Sünde sein? – Eine Liebeserklärung
Selbst im Gefängnis findet sich heutzutage Rosa! Der inzwischen weltbekannte Farbton (Baker-Miller-Rosa) wird seit geraumer Zeit in Haftanstalten verwendet, um den aggressiven und gewaltbereiten Schwergewichten den Zahn zu ziehen. Was auf den ersten Blick nach einer gehörigen Portion Humbug klingt, ist bierernste Farbpsychologie und inzwischen Alltag im amerikanischen Justizsystem.
15 Minuten Einzelhaft in der „rosa Hölle“ beruhigen selbst die 180-Kilo-Kampfsau mit absurd mieser Laune! Entspannte Muskeln, ein beruhigter Atemrhythmus und keinen Bock auf Streit sind die Früchte der Farbe Rosa. Der Effekt ist stets gleich. Aus Löwen werden binnen 15 Minuten Einzelhaft Lämmer. Wenn der Schließer die Türen öffnet, sitzt ein sichtlich entspannter Häftling auf der Pritsche und will dem Erdball nichts Schlechtes mehr. Der Effekt zieht so tief ins Unterbewusstsein ein, dass es gut und gerne eine halbe Stunde dauert, bis der Druck wieder auf dem Kessel ist. Rosa ist eine zutiefst spannende Farbe, die reich ist an interessanten Fakten und witzigen Anekdoten. Von wegen Prinzessin Liliyfee! Rosa kann viel mehr!
Rosa weiblich? Von einem kolossalen Irrtum
Früher war alles
besser
anders! Bis in die 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war Blau die Farbe der kleinen Mädchen und Rosa die der kleinen Jungs! Von wegen Prinzessinnen Rosa oder naturgegebene Präferenz zum „weiblichen“ Rosa – über Jahrhunderte war der „sanfte“ Farbton die Stammfarbe des Maskulinen. Rosa war in der Vergangenheit das „kleine Rot“. Und eben jenes Rot ist DIE Signalfarbe in Sachen Aggressivität und Männlichkeit. Folglich passt das „kleine Rot“ perfekt zu den kleinen Jungs.
Die Herkunft der „weiblichen Farbe Blau“ ist hingegen auf die Bibel zurückzuführen. Blau ist hier nämlich der Mutter Maria vorbehalten und deshalb kleidete man Mädchen in der heiligen Farbe.
Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch das Standardwerk „Wie Farben wirken“ Werke aus unterschiedlichsten Epochen auflistet, in denen die geschlechterorientierte Farbverteilung klipp und klar ist.
Selbst der Heiland ist in seiner Krippe in burschenhaftem Rosa gehüllt, während die versammelte Mädchenhaftigkeit rundherum Blau trägt. Vom Königsporträt bis zur Sakral-Malerei – so war es früher eben.
Und… Das erste Trikot von Juventus Turin war rosa.
Über die Veränderung der „Farbbesetzung“ lässt sich im Nachhinein nur mutmaßen. Der religiöse Kontext wurde über die Jahre in den Hintergrund gedrängt und für die Autorin von „Wie Farben wirken“ spielen Matrosen und Arbeiter eine gehörige Rolle in dieser Umdeutung.
Beide trugen als Dienstkleidung ein klassisches Blau (Uniform und Blue Jeans). Über die Zeit wurde mit diesem Farbton somit die erwachsene Männlichkeit assoziiert. Der Mechanismus der Abtönung blieb jedoch der Selbige. Aus einem kräftigen Ton (Royal-Blau) wird eine weichere und kindlichere Farbe (Baby-Blau).
Farbwirkung und Farbpsychologie – Rosa wirkt!
Man muss nicht erst auf die einleitende Gefängniszelle und den inzwischen legendären amerikanischen Psychologen Alexander Schauss warten, um sich der Farbwirkung des klassischen Rosas anzunähern.
Die Farbwirkung Rosas auf kleinem Raum: Rosa öffnet die Seele! Keine andere Farbe des natürlichen Spektrums wirkt so tief und stark auf die menschliche Psyche. Rosa verstärkt einerseits die Klaviatur der positiven Gefühle und Sinneswahrnehmungen und schwächt andererseits Aggressionen, Gewalt und Unfrieden ab.
Der Ruhefaktor „Rosa“ findet nicht nur in amerikanischen Justizvollzugsanstalten Anwendung. Auch im weiten Felde der Psychotherapie ist Rosa DIE Farbe.
Hyperaktive Individuen und das Gemüt akuter Angstpatienten kann durch Rosa „aufgefangen“ werden.
Adjektive rund um die verschiedenen Abtönungsstufen des Farbraums Rosa sind besänftigend, angstlösend, aggressionsabbauend und erfrischend!
Für die gestresste Businessfrau oder den latent überforderten Hausmann gibt es wohl keine bessere Farbe, um den geplagten Nerven eine Ruhepause zu gönnen.
Style, Look und Trends in Rosa
Möbel, Schmuck, Kleidung, Schuhe, Make-Up und Nagellack – Rosa ist in beinahe allen Disziplinen eine absolute Trendfarbe. Spätestens seit der Wiederentdeckung der Pastellfarben ist die Seelenfarbe Rosa ein gern gesehener Gast der Mode- und Möbelindustrie.
Vom lebendigen Chanel Nagellack, über edle Textil-Accessoires für das heimische Designer Sofa (beispielsweise eine grob gewobene Tagesdecke aus feiner Wolle) bis zu den trendigen Low-Cut Sneaker aus Nubuk-Leder – die Bandbreite an „will-ich-haben-Teilen“ ist stattlich!
Natürlich ist Rosa keine Flächen- oder Massen-Farbe. Wirkt sie doch mit dem groben Pinsel aufgetragen zutiefst übertrieben und direkt! Für unsere von Minimalismus und Bauhaus geprägten Augen ist eine flächige Verwendung von Rosa zu viel des Guten.
Deshalb taugt Rosa Anno 2019 nicht als Flächenwerk! Als Akzentfarbe oder zur Betonung von Kontrasten ist Rosa hingegen das neue Schwarz.
Als Wanddetail oder auch als Applikation der Sideboard-Front ist Rosa extrem geeignet! Positive Farbwirkung und Baker-Miller-Rosa in Ehren, diese Verwendung von Rosa als Farbe hat einen einfachen aber wunderbaren Grund: Rosa ist einfach eine bezaubernde Farbe!